GESCHICHTEN VON

SCHAFE UND MENSCHEN

1. Versprechen Fair & Sozial
2. Versprechen Lokal
3. Versprechen Nachhaltig

Hartmut Glamann

Graue Wolken ziehen am Himmel über der Schafweide im mecklenburgischen Möllenhagen an diesem Montag im April. Das harte „kjack“ der Dohlen im benachbarten Sumpfgebiet vermischt sich mit dem „mäh“ und „bäh“ der Schafe. Ansonsten ist nur der Wind zu hören.

Hartmut Glamann, Schäfer seit 2007, macht seinen täglichen Kontrollgang durch eine seiner Schafherden. Es ist Lammzeit und da muss gut aufgepasst werden, dass alle Lämmer möglichst gesund und glimpflich zur Welt kommen. Denn die Kolkraben in der Gegend haben schon viel zu oft Muttertiere und Lämmer angegriffen, wenn diese nach der Geburt geschwächt waren.

In diesem Jahr ist aber etwas anders als bisher. Im letzten Herbst hat sich nämlich ein Mufflon-Bock zu den Muttertieren der Pommernschafe gesellt und einige davon gedeckt. Die Lämmer, die aus dieser Aktion entstanden sind, stellen allerdings eine Herausforderung dar – für die Pommernschafe sowie für den Schäfer. Die Jungtiere tragen spürbar die Energie und Kraft ihres Vaters in sich. Sie sind direkt nach der Geburt schon sehr viel aktiver auf ihren dünnen Beinchen wie die reinen Pommernlämmer. Wie von der Tarantel gestochen jagen sie über die Weide und bringen die anderen Tiere vermutlich langfristig etwas aus der Ruhe. „Das müssen wir gut beobachten“, meint Hartmut Glamann. Aber irgendwie begeistert ihn diese Kreuzung auch. Denn auch optisch sind sie etwas ganz Besonderes.

Der gelernte Agrotechniker hat sich regelrecht in das Pommersche Landschaf verliebt. Es war ihm bei der Gründung seiner Schäferei wichtig, dass er eine Schafrasse haben möchte, die nicht jeder hat. Vor fast 15 Jahren begann er mit 17 Schafen seine Flächen zu beweiden. Mittlerweile umfasst seine Herde ungefähr 400 Pommern-Mutterschafe, einige Fleischschafe und ein paar Kreuzungstiere.
Mit ihnen pflegt er ganzjährig seine eigenen Grünflächen und Flächen von Landwirten, die nur Ackerbau betreiben und keine Tiere halten. Die klassische Landschaftspflege allerdings betreibt Hartmut Glamann nicht.

Dadurch erreichen ihn auch keine Prämien für die Flächen. Er hofft, dass die Weidetier-Prämie auch bald in Mecklenburg-Vorpommern ausgezahlt wird. Sonst würden die Schafherden in Zukunft immer weniger werden. Es gibt noch viele ältere Schäfer, aber junge Menschen entscheiden sich immer seltener dafür, den Beruf des Schäfers zu ergreifen. Über die Weidetier-Prämie würde ein Schäfer 30.- EUR pro Schaf und Ziege bekommen und somit wären das die einzigen Mittel, die direkt beim Schäfer ankommen.

„ALS ICH MIT DEN SCHAFEN LOSGELEGT HABE, WAR ICH EINER DER WENIGEN, DIE AUFGESTOCKT HABEN. ALLE ANDEREN HABEN ABGEBAUT. ABER ES FUNKTIONIERT EBEN NUR ÜBER DIE STÜCKZAHLEN. DENN EIN POMMERNLAMM ERGIBT CA. 30.- EUR WENIGER ERLÖS ALS EIN FLEISCHSCHAF, DA SIE DUNKLERES FLEISCH HABEN. UND DAS MAG NICHT JEDER. DESWEGEN MUSS ICH EINEN TEIL DER TIERE MIT FLEISCHSCHAFEN KREUZEN, DAMIT DIE LÄMMER MEHR ERLÖS BRINGEN.“

DIE HERAUSFORDERUNG

Seitdem der Wolf sich wieder in Deutschland ausbreitet, ist die Haltung von Schafen – neben dem niedrigen Lohn – eine noch größere Herausforderung geworden. Die Herden von Hartmut Glamann stehen regelmäßig auch im Randgebiet vom Nationalpark Müritz, der zwei Wolfsrudel beherbergt. Die Schafe an allen Standorten hatten bereits mehrere Wolfsbegegnungen. Manchmal sieht er das auf den Wildkameras oder merkt es daran, dass die Herde wahnsinnig unruhig ist am nächsten Morgen.

Im letzten Jahr bekam er über eine Förderung neue Netze. Ein neuer Typ Zaun, der mit weniger Drähten und größeren Abständen dazwischen ausgestattet ist. Die Netze sind leichter und nicht so windanfällig wie die bisherigen. Und durch die reduzierten Drähte ist mehr Strom drauf.

„Das ist schon eine Herausforderung, die Zäune so zu bauen, dass der Wolf nicht reinkommt. Ich habe in keiner Herde Herdenschutzhunde, denn die Kosten sind einfach zu hoch, also muss es ohne gehen. Ich weiß nur nicht, wie lange noch.“

WARUM NORDWOLLE?

Vor einigen Jahren noch haben Wollankäufer die dunkle Wolle nicht angekauft. „Wir nehmen sie mit, aber du kriegst nichts dafür.“ Und dann stand Marco eines Tages bei Hartmut Glamann auf dem Hof. Für seine ersten Nordwolle-Versuche benötigte er Pommernwolle, für die er bereits im ersten Jahr 50 Cent pro Kilo bezahlte. Also lud er 200 Kilo Wolle in seinen VW-Bus und entwickelte damit seine ersten Prototypen Funktionskleidung. Ein Jahr später benötigte er bereits mehr Wolle und der Ankaufspreis stieg stetig. Zurzeit ist es so, dass er gerade so den Schafscherer raushat. Aber auch nur, weil der Schäfer mit einer polnischen Schafscherer-Truppe arbeitet und sich durch die große Stückzahl der Schafe der Preis pro Schaf auch in Grenzen hält. Ohne den Preis, den Nordwolle bezahlt, ist die Wolle ein Minusgeschäft.

„Ich hätte wahnsinnig gerne wieder nur Pommernschafe, so wie in den ersten Jahren. Das war schon ein Bild, wenn da 600 Mutterschafe mit schwarzen Lämmern durch die Gegend laufen. Aber unter den jetzigen Bedingungen geht’s nicht.“